Demokratie braucht mehr Wertschätzung

Die Demokratie hat nur dann Bestand, wenn viele Menschen den Wert der Grundrechte und des Rechtsstaats bewusst und mit positiver Emotion verteidigen. Diese Erkenntnis vermittelten die Beiträge von Fritz Kuhn, Prof. Norbert Lammert und Prof. Jasmin Riedl bei der Abschlussveranstaltung zur Initiative „Ratschlag Demokratie – Wie können wir Grundwerte und Rechtsstaat verteidigen?“ des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg, die am 4. Dezember 2025 in der vhs Stuttgart mit rund 150 Teilnehmenden stattfand. Der Abend bündelte die Ergebnisse der über 20 beteiligten Volkshochschulen, die in den vergangenen Monaten neue Formate und Dialogräume zur Verteidigung und Stärkung der Demokratie entwickelt haben.

„Wir sind in Deutschland nicht in guter Verfassung, obwohl wir eine gute Verfassung haben“ – zum Auftakt betonte der Verbandsvorsitzende Fritz Kuhn, dass demokratische Kultur nicht nur von Institutionen, sondern von einer gemeinsamen Grundhaltung lebt: „Was wir brauchen, ist mehr Wärme und Wertschätzung für unsere Demokratie – und die Bereitschaft, sie nicht als selbstverständlich zu betrachten.“ Demokratie beginnt im Alltag, im Gespräch, im Zuhören und mit dem Mut, Probleme nicht nur zu kritisieren, sondern auch lösungsorientiert anzugehen.

Demokratie braucht Demokraten

Prof. Norbert Lammert, Bundestagspräsident a. D., führte weiter aus, dass man für die Demokratie eben nicht nur eine gute Verfassung, sondern viele Demokraten braucht, die ihre Regeln befolgen. „Die Stabilität und Vitalität einer Demokratie hängt davon ab, ob Menschen die Durchsetzung allgemeingültiger Regeln wichtiger nehmen als ihre eigenen Ziele.“ Darüber hinaus ging er auf zentrale Voraussetzungen funktionierender Demokratien wie eine faire politische Konkurrenz, die Teilung der Gewalten von Regierung, Parlament und Justiz sowie die notwendige Befristung demokratisch legitimierter Macht.

Die Politikwissenschaftlerin Prof. Jasmin Riedl beleuchtete die Herausforderungen digitaler Diskursräume für die Demokratie. Soziale Medien können politische Teilhabe fördern, sind zugleich aber Einfallstore für Manipulation und Desinformation. „In digitalen Räumen wird kommunikative Macht neu verteilt. Unser Informationsökosystem wird verschmutzt“, erklärte Riedl. „Das hat direkte Folgen für Vertrauen und demokratische Entscheidungsprozesse.“ Demokratischer Diskurs braucht deshalb Menschen, die wieder lernen zuzuhören, um zu verstehen. Sie plädierte für einen bewussten Umgang mit algorithmisch gesteuerten Informationsströmen, verbindliche Regeln für Plattformen sowie eine gestärkte Konfliktkultur.

Volkshochschulen als Orte demokratischer Praxis

Im Austausch mit Vertreter*innen der Stadtgesellschaft wurde deutlich, wie zentral niedrigschwellige Orte des Dialogs sind: für Teilhabe, für Verständigung, für politisches Lernen. Genau hier setzen die Volkshochschulen an. Die im Projekt entwickelten Formate wurden im Foyer der vhs Stuttgart in einer Ausstellung präsentiert.

Die vielfältigen Beiträge aus den Volkshochschulen zeigten, dass Demokratiebildung neue Wege gehen kann: ob Meile der Demokratie in Mannheim, generationenübergreifende Aktionen in Filderstadt, lokale Zukunftswerkstätten oder neue Begegnungsorte im ländlichen Raum. Diese Erfahrungen fließen in eine digitale Broschüre ein, die Anfang 2026 erscheint, um die entwickelten Formate und Methoden für die Praxis nutzbar zu machen.

Die Volkshochschulen sind wichtige Infrastruktur einer lebendigen Demokratie: Orte, an denen gesellschaftliche Gruppen miteinander ins Gespräch kommen, Konflikte bearbeitet werden und ein gemeinsames Verständnis für die Demokratie, ihre Grundwerte und den Rechtsstaat entstehen kann.

Weitere Informationen

Weitere Informationen: https://vhs.link/ratschlag
Pressefotos: https://vhs.link/FotosRatschlag (Bildrechte: vhs bw / MW Wagner).

Kontakt
Ines Goldberg, Pressestelle, Volkshochschulverband Baden-Württemberg, Raiffeisenstraße 14, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Telefon: 0711 759 00-76, E-Mail: goldberg@vhs-bw.de

Pressemitteilung (PDF)