Transformation braucht Bildung. Bildung braucht Transformation.

Panta rhei, „alles fließt“, lautet die bekannte Erkenntnis, die der griechische Philosoph Heraklit vor über 2500 Jahren formuliert hat. Die Dinge ändern sich, nichts bleibt, wie es ist – und das war schon immer so. Nichts Besonderes also, dass sich alles immer ändert. Wenn trotzdem aktuell so viel von Veränderung und, als Steigerung, gar von Transformation die Rede ist, stellt sich daher erstens die Frage: Was ist eigentlich so besonders an dem, was wir derzeit erleben? Gleichzeitig wird zunehmend deutlich, dass Bildung und Weiterbildung immer wichtiger werden, um aktuelle und zukünftige Veränderungen bzw. Transformationsprozesse zu meistern. Wenngleich wohl deutlich jünger als die Erkenntnis Heraklits, so ist auch das keine neue Einsicht. Eine zweite Frage ist daher: Was ist der Grund, warum und auch, was ist der Zweck, wozu Bildung und Weiterbildung heute mehr denn je gebraucht werden?

Antworten auf beide Fragen liegen in drei Begriffen. Erstens: Geschwindigkeit. Die Veränderungen sind, beschleunigt durch die Digitalisierung, sehr viel schneller geworden als früher. Zweitens: Menge. Es sind sehr viel mehr Veränderungen, die gleichzeitig in verschiedenen Bereichen – in der Gesellschaft, in der Arbeitswelt, im Privatleben – stattfinden und die zudem miteinander interagieren. Und drittens: Tiefe. Viele aktuelle Veränderungen sind sehr tiefgreifend. Sie machen vieles nicht bloß schneller oder besser oder einfacher, sondern auch grundlegend anders – und erzeugen neue Komplexitäten und andere Anforderungen. Daher die Rede nicht nur von Veränderung, sondern von Transformation.

Für die Bildung bedeutet das: Es braucht mehr von ihr, weil die Veränderungen so schnell, so viel und so tiefgreifend sind. Immer mehr Menschen sind davon betroffen. Und immer weniger lassen sich die Änderungen durch natürliches Lernen bewältigen. Daher braucht es mehr und teils auch eine andere Bildung: Wie schon immer geht es um neues Wissen und neue Fähigkeiten; zusätzlich hinzu kommen indes mehr und mehr auch andere Einstellungen und Kompetenzen zur Bewältigung der Veränderungen und zur Nutzung neuer Möglichkeiten: Wesentliche Stichworte sind hier Resilienz und Transformationskompetenzen oder auch Future Skills.

Die Texte dieser Ausgabe versuchen, dies alles etwas konkreter zu fassen. Die Friedrichshafener Erklärung, die anlässlich unserer Jahrestagung am 23. Juni 2023 erschienen ist, gibt einen Überblick über die verschiedenen Veränderungen und beschreibt die gesellschaftliche Rolle und Relevanz von Weiterbildung im Allgemeinen sowie Volkshochschule im Besonderen dabei. Ein Interview mit den Geschäftsführerinnen einer Arbeitsagentur und eines Jobcenters beleuchtet daraufhin speziell die sich verändernden Anforderungen an die Qualifizierung von Fachkräften mit einem besonderen Bezug zum akuten Fachkräftemangel in vielen Bereichen. Auf das Konzept der Future Skills und seine aktuelle Bedeutung bei der Bildungsberatung geht schließlich der dritte Text ein.

Ich wünsche Ihnen eine anregende und ermutigende Lektüre.

Dr. Tobias Diemer

Dr. Tobias Diemer

Direktor des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg

Magazin vhs info Ausgabe 2 I 2023

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